Die Eifel im Herbst

Herbstzeit. Es ist dunkel, als der Wecker mich aus dem Schlaf reißt und ich muß mit dem Wunsch kämpfen, einfach weiterzuschlafen. Eigentlich will ich nur im Bett bleiben, aber es ist wieder NLS, also stehe ich auf. Fotorucksack habe ich schon am Abend zuvor gepackt. Ich mache mich schnell frisch, bevor es im Morgengrauen richtung Ring geht. Die Fahrt geht im dunklen los und es regnet. Wie wird wohl das Wetter am Ring sein?Während es heller wird, hört zum Glück der Regen auf. Der Verkehr hält sich im Grenzen, so komme ich schnell an Köln vorbei und auf die leerwerdende A1 Richtung Eifel. Aus dem Boxen kommt Maggie Reilly. Passt irgendwie zu der Jahreszeit. Kaffeepause am Rasthof Ville. Manches ändert sich trotz der Jahreszeit nicht und hat fast schon Ritualcharakter. Genau wie das Wiedersehen mit EiFelkind Racing. Ich freue mich darauf.

Auf der B258 bleibe ich kurz hinter einem LKW hängen, so habe ich Zeit, die herbstlichen Farben der Eifel zu genießen, während der Ring immer näher rückt. Dafür, daß es Ende Oktober ist, ist es ungewöhnlich war und ein Bißchen vermisse ich die Zeiten, als ich ein Cabrio hatte. In der Situation hätte ich das Verdeck runtergemacht und den Fahrtwind genossen. Es sind nicht viele Tage, wo man beides haben kann – die tollen Herbstfarben und ein offenes Cabrio. Naja, wie dem auch sei. Früher habe ich mir auf solchen Fahrten gewünscht, sie möchten nie enden.

Ich komme am Ring an. Parken, Fotorucksack auf den Schultern und los geht es. Karte kaufen und ab ins Fahrerlager. Es bleiben noch ein Paar Minuten, bis der Pitwalk losgeht, so habe ich Zeit für ein kurzes Treffen mit Lutz Rodriguez do Nascimento. Lutz ist einer der akkreditierten Fotografen, den ich vom Facebook und von einigen Treffen am Ring kenne. Wir unterhalten uns kurz über den aktuellen Stand der Dinge, Gott und die Welt im Paddock. Ein wenig wünsche ich mir schon, ich wäre auch akkreditiert und dürfte mit lila Weste rumlaufen und Zugang zu den Fotolocations haben, die den Normalsterblichen verwehrt sind. Naja, auch aus den „normalen“ Fotschächten lassen sich schöne Bilder machen.

Ich verabschiede mich von Lutz und gehe zur Box 14. Die Box von EiFelkind Racing. Wie es der Zufall so will, ist das halbe Team vor der Box. Uwe begrüßt mich herzlich und ich freue mich. Da hat sich das frühe Aufstehen und die Fahrt gelohnt. Der Rest vom Team freut sich auch. Sowas hat man nicht alle Tage, daß man in der Ferne so begrüßt wird, als käme man nach Hause. „Nach Hause“ ist das Schlüsselwort, bei EiFelkind Racing fühle ich mich fast wie zuhause am Ring. Für mich das beste Team der ganzen NLS. Platzierungen, Prominenz, Tabellenstand und sonstiger Quatsch sind mir nicht wichtig, auf die Menschen kommt es an. Und da ist das gesamte Team schwer in Ordnung.

Ich gehe ins Teamzelt und hole mir kurz einen Kaffee, bevor es Zeit für die Pitwalk ist. Danach mache ich die Kamera startklar. Zeit für Fotos. Ich tauche in das Teamgeschehen ein. Es kümmert mich nicht, daß es dieselben Bilder sind, wie beim letzten Rennen. Neues Rennen, neues Glück. Mit dem Treiben in der Box bin ich vertraut, so weiß ich schon, als ich abdrücke, daß die Fotos gut sein werden. Es wird mir warm ums Herz. Mittlerweile habe ich Übung, so gelingt es mir, nicht im Weg zu stehen und trotzdem das Geschehen hautnah auf dem Chip zu bannen. Es ist fast so, als würde ich jedes Foto zum ersten mal machen, so freue ich mich.

Es wird Zeit für die Startaufstellung, das Auto wird aus der Box geschoben. Ich schieße ein Gruppenfoto vom Team und Auto, bevor es zum Gridwalk geht. In der Startaufstellung warten noch weitere Motive. Auf dem Auto ist für dieses Rennen Benno Zerlin als einziger Fahrer gemeldet. Ich schieße ein Foto von ihm kurz vor dem Start. Ich weiß nicht, wie Rennfahrer von sich denken und wie sie Motivation finden, für mich ist jeder Vertreter dieser Zunft bewundernswert, eine Art moderner Gladiator. Ich versuche es, so gut es geht, das in einem Foto festzuhalten. Später beim Bilder entwickeln wird es eins der wenigen Bilder, bei denen ich mir unsicher bin, ob es gelungen ist.

Viel zu schnell kommt das „Zuschauer raus“-Schild. Der Start rückt immer näher, ich gehe mit Uwe zurück zur Boxengasse und werde im gleichen Schlag zum Mittagessen mit dem Team eingeladen. Verlockende Einladung, der ich nur zu gerne gefolgt wäre, wollte ich nicht Fotos vom Rennen schießen. So verabschiede ich mich von Uwe und fahre Richtung Brünnchen. Von da an geht es durch die herbstlichen Eifelwälder zur Hedwigshöhe. Es kommt etwas wie Routine auf. Ich beziehe Stellung am Fotoschacht und warte auf die ersten Autos.

Wie es der Zufall so will, fährt der EiFelkind-BMW als eins der ersten Autos mir vor die Linse. In Gedanken schweife ich wieder zur Boxengasse zurück, wo es vielleicht genau in diesem Moment warmen Leberkäse gibt. Wie gerne ich doch geblieben wäre. Naja, man kann nicht alles haben.

Kurze Zeit später schlägt einer der Porsches von KKrämer Racing Ausgang Wippermann in die Leitplanke ein. Das gibt Code 60 für längere Zeit. Ich harre den Dingen aus, bis die Streckenposten wieder die grüne Flagge schwingen. Während sich der Chip mit mehr oder weniger gelungenen Mitziehern füllt, vermisse ich den EiFelkind-BMW. Eigentlich wäre er längst überfällig gewesen, doch der taucht nicht aus der Kurve auf. Ich texte kurz Uwe an und frage danach. Die Antwort kommt schnell. „Leider Ausfall“. Mist. Ich hoffe, es ist kein Unfall gewesen und schreibe zurück.

Irgendwie vergeht mir die Lust auf Fotos schießen, so stapfe ich zurück zum Brünnchen und schieße noch ein Paar halbherzige Mitzieher am Eschbach, bevor es zum Adenauer Forst geht. Dort durchkreuzt Regen meine Pläne. Der Herbst macht eben, was er will und das Wetter in der Eifel ist sowieso unvorhersehbar, so tu ich mir den ellenlangen Aufstieg zur Strecke nicht mehr an und lasse stattdessen den Tag bei einer Pizza im „Pinocchio“ in Adenau ausklingen. Während ich auf das Essen warte, denke ich an die Fotos. Zum ersten mal sind mir die Fotos aus der Boxengasse mehr wert als die übrigen Fotos vom Rennen. Ich weiß nicht wieso. Es ist einfach ein Gefühl. Eins von der Art, wo man instinktiv weiß, es ist richtig so.

Viel später, zuhause beim Entwickeln der Fotos, bestätigt sich dieses Gefühl. Das Sortieren, Löschen und Entwickeln der eigentlichen Rennfotos finde ich fast schon nervig, während mir das Gleiche bei den Boxenfotos viel leichter von der Hand geht. Komisch, sowas habe ich noch nie gehabt. Woran mag es wohl liegen?

Viel später, als ich mit den Fotos durch bin, meldet sich Uwe per Messenger. Es ist doch ein Unfall gewesen, zum Glück ist dem Benno nichts passiert. Da kommt mir wieder der Gladiator-Vergleich in den Kopf und ich frage mich wieder einmal nach der Motivation der Fahrer. Wahrscheinlich werde ich es nie erfahren. Vielleicht ist es das Gleiche, was mich antreibt, Fotos zu machen. Ich kann es nicht erklären, aber es fühlt sich gut an.

Dem gesamten EiFelkind-Team drücke ich die Daumen und wünsche mir, daß sie das Auto repariert kriegen. Nächste Woche steht die RCN auf dem Programm und das NLS-Saisonfinale ist nicht allzu weit. Herbstzeit eben, der Motorsport geht bald in den Winterschlaf.

Zum Glück ist es bis dahin noch nicht soweit.

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