Kommt Zeit, kommt Mops

„Urlaub“. Nun gut, ausschlafen konnte ich, mir eine mächtige Mütze Nachschlaf gönnen ebenso. Der Rest des Tages war schon verplant. Zum Ring fahren, ein Paar Fotos schießen,  Ticket abholen damit es am nächsten Tag mit der Akkreditierung reibungslos klappt.

Dann kamen die WhatsApps. Mops zu verkaufen. Schnell. Notfall. Ziemlich suspekt. Egal, been there, done that. Wenn man genug Möpse als Notfälle oder aus schlechter Haltung herausgeholt hat, kennt man seine Pappenheimer.

Man weiß zu gut um die Möpse, die abgegeben oder verscherbelt werden, weil die Besitzer deren überdrüssig geworden sind oder entweder das Geld noch den Schritt scheuen, sie einschläfern zu lassen. Man kennt auch die sogenannten „Tierschutzvereine“, die angeblich in „nobler Mission“ massenweise Hunde aus dem Ausland nach Deutschland importieren und eigentlich ganz gut Profit damit machen. Ich könnte bei den Erfahrungen gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte.

Der konkrete Fall klingt genauso seltsam wie schattig. Hund aus privat abzugeben. Angeblich gesund (wer‘s glaubt, der lässt sich wohl von seiner Tarot-Kartenlegerin die Lottozahlen für die kommende Ziehung vorhersagen). Eigentlich genug rote Flaggen, um entweder ganz von der Sache zu lassen oder sich sofort ins Auto zu setzen. Ich entscheide mich für zweiteres. Man kann sie nicht alle retten, aber wenn diese Hündin in falsche Hände gerät…den Rest mag ich mir gar nicht vorstellen.

Ein Paar WhatsApps später ist auch die Logistik geklärt. Werden insgesamt um die 500+ Kilometer sein. Pillepalle. 1200km wären eine Ansage, alles darunter sitze ich auf einer Arschbacke ab. Eilig sage ich meine Pläne für den Tag ab, kläre die letzten Details und mache mich auf dem Weg. Eher locker, aus meiner beruflichen Erfahrung kenne ich es ganz anders. Also nicht jammern. Nicht einmal auf hohem Niveau. Ich sitze im eigenen Auto, kann die Musik meiner Wahl hören. STFU!

Das Ruhrgebiet von Duisburg bis zur Abzweigung der A31 ist eine einzige Baustelle. 30+ Kilometer Stop&Go. An einem anderen Tag hätte ich womöglich Legosteine gekotzt. Heute nehme ich es einfach hin, auch wenn ich genüßlich mal die Tür öffnen oder einen Schlenker machen würde, wenn die Damen und Herren Motorradfahrer die Rettungsgasse als Einladung zum Durchheizen verstehen. Eine 15 Kilometer lange Baustelle, einen Tankstopp und einen grausamen Frikadellensandwich später bin ich am Ziel. Naja, fast. Die Zielangabe des Navis wäre mir an einem anderen Tag eine richtig geharnischte Mail an Mercedes wert gewesen. Ich wundere mich, ob Diejenigen, die das Kartenmaterial aufbereitet haben, zuhause den Weg zum Klo problemlos finden.

Seitenstraße einer der größeren Ausfallstraßen. Parkplatz in unmittelbarer Nähe. Zum Glück. Ins Haus werde ich nicht reingelassen, stattdessen darf ich das Mopsmädchen auf der Straße kennenlernen. Ein wenig wibbelig, plattnasig, schnaufend, Ringelschwanz, neugierig, typisch Mops. Lässt sich kraulen und streicheln. Ihr Name sei Bonnie, auf den hört sie aber nicht so wirklich. Egal. Mops halt, die haben ihren eigenen Kopf. Ich stelle der Noch-Besitzerin alle Fragen, die mir einfallen und die Relevanz für später haben könnten. Bekomme auch Antworten. Auf die ist ungefähr so viel Verlass wie auf die Wettervorhersage für nächstes Jahr. Ein Paar Geldscheine und einen Pipi an der nächstnähesten Baumscheibe später sitzt die kleine Maus im Auto.

Das Seelchen würde gerne Auto fahren. Ja nee, is klar. Auf dem Beifahrersitz ist sie unruhig, hechelt und findet keine bequeme Sitzposition. Zum Glück bin ich zum alten Sack geworden und fahre Automatik, daher kann ich sie immer wieder streicheln und versuchen, sie zu beruhigen. Klappt leidlich. Es dauert ungefähr eine halbe Stunde, dann kriegt sie sich ein. Verübeln kann ich es ihr nicht. Nicht einmal, daß sie die sorgfältig auf dem Beifahrersitz gelegte Decke weggewühlt hat und der Sitz mittlerweile gut mit Mopshaaren paniert ist.

Gnade der späten Zeit sind die Autobahnen angenehm leer und Bonnie wird ruhiger. Immer wieder kraule ich sie. Es scheint ihr zu gefallen. Ein Paarmal muss ich sie davon abhalten, in den Fußraum zu springen oder über die Mittelkonsole zu mir auf den Schoß zu kommen. Verstehen kann ich sie gut, böse kann ich ihr gar nicht sein. Ja, sie fährt gerne Auto.

Kurz vorm Ziel will ich einen Boxenstopp einlegen. Meine Blase platzt fast. Ist nicht. Sobald sie alleine im Auto ist, scheint sie echt Panik zu schieben. Resigniert fahre ich weiter. Alles für den Mops. Das scheint sie wacher gemacht zu haben. Sie stellt sich auf an die Beifahrertür, schaut durch die Seitenscheibe und bellt. Beruhigen lässt sie sich nur bedingt. Macht nichts, wir sind fast am Ziel.

Ankommen, Bonnie in den Garten verfrachten, die anderen zwei Möppel dazuholen. Es ist schon spät, dunkel, regnerisch und ungemütlich. Die Begrüßung fällt relativ kurz, aber zum Glück auch eher unspektakulär aus. Keine besonderen Vorkommnisse. Ab ins Bett. Angeblich sei sie ganz verschmust, dafür sucht sie aber dabei nicht wirklich den Körperkontakt. Ich lasse ihr den Raum und schlafe wie erschlagen ein.

Früher morgen. Regen. Auf dem Weg in den Garten hat sie Probleme, die Stufen zu bewältigen und ist unsicher auf der Hinterhand. Davon war bei der Übergabe keine Rede. OK. Fütterungszeit. Sie würde angeblich alles fressen, dafür sortiert sie das Trockenfutter ziemlich zielsicher und hartnäckig aus. Nassfutter frisst sie zum Glück ohne Probleme. Wenn mir der nächste Mopsbesitzer „guten Tag“ wünschen würde, würde ich wahrscheinlich mir erst den Himmel anschauen, bevor ich den Gruß erwidere.

Ich nutze den verregneten Morgen, um mich auszuruhen. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber, wie so einige Möpse bisher, stellt sich Bonnie als 100%iger Papa-Mops heraus. Sie sucht meine Nähe, lässt sich schmusen und findet ganz schnell die besten Wege, um sich an mich anzuschmiegen. Es wundert mich „nur“ ein Bisschen. Möpse sind eben ziemlich eigenwillig, was die Auswahl ihres Lieblingsmenschen angeht. Leider kann man die Plattnasen nicht fragen, woran sie das festmachen.

Besuch beim Tierarzt. Muss sein, Bonnie ist dabei ganz unerschrocken. Eher wie ein Hund, was bisher kaum eine Tierarztpraxis von innen gesehen hat. Sei bisher problemlos gewesen. Bis auf die offene Mopsfalte und den ungefähr drei Eimern Dreck in den Ohren. Ja nee, ist klar. Wenigstens lässt sie sich, ganz Mops-untypisch, die Krallen nur mit wenig Widerstand schneiden. 370 Euro leichter und mit einer kleinen Reiseapotheke im Gepäck geht es wieder nach Hause.

Ich könnte wütend sein. Verärgert. So richtig pissig drauf. Stattdessen bin ich nur müde. Ich lege mich ein wenig hin. Bonnie scheint ein wenig entspannter zu sein und kommt viel schneller als am Abend vorher zum Schmusen. Typisch Mops. Eigentlich hätte ich was anderes vor. Ich stelle es erst einmal zurück. Soviel Zeit muss sein. Als ich sie hinter den Ohren kraule, ist mir alles egal. Die Müdigkeit, die durcheinandergeworfenen Pläne, die Tierarztkosten, die Ex-Besitzerin und ihre Lügen.

Ich weiß nicht, wieviel die kleine Maus noch zu leben hat. Es könnte nicht wirklich lange sein und es gibt einige Zeichen, die darauf hindeuten. Aber in dieser Zeit soll sie das beste Mops-Leben haben, die nur möglich ist.

P.S. Ja, ich bin bissig. Zynisch. Irrational. Manchmal auch mit einem verqueren Sinn für Humor. Aber bei manchen Sachen werde ich ernst. Dies ist eine davon. Wenn Sie einen Hund wollen, gehen Sie nicht zum Züchter. Ich weiß nicht, ob es (unabhängig von der Rasse) einen Züchter gibt, der nicht auf Geldschneiderei aus ist. Hund vom Tierschutz? Wenn es denn so einfach wäre, wäre die Erde eine Scheibe, die Sonne würde mir aus dem Arsch scheinen und aus dem Wasserhahn würde Milch und Honig fließen. Die meisten „Tierschutzorganisationen“, die Hunde aus dem Ausland zu Hunderten nach Deutschland karren, scheren sich den Geier, in welche Hände sie die Hunde geben, solange die Kasse stimmt. Vorkontrollen? Nachkontrollen? Was ist denn das, kann man das essen? Wenn ein „Tierschutzverein“ für einen Hund einen dreistelligen Betrag haben möchte und über die ganzen Kosten klagt, dann wäre kein Verständnis, sondern eine Anzeige bei der Polizei angebracht. Sie wollen immer noch einen Hund, würden gerne einem Hund in Not ein zuhause geben und fühlen sich von diesen Zeilen verunsichert? Richtig so! Wie Sie (abseits vom lokalen Tierheim) einen richtigen Notfall erkennen, wäre ein Thema für sich.

Vielleicht schreibe ich demnächst was dazu…

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