Was keiner sieht

Erster „richtiger“ Urlaubstag und trotzdem viel zu tun. Packen, kurz unter die Dusche, anziehen, Auto beladen und ab dafür. Eigentlich wollte ich ausschlafen, doch erstes kommt es anders und zweitens als man denkt. Als es endlich Richtung Eifel geht, ist es schon früher Nachmittag. Hier und da wird auf der Autobahn der Grünstreifen rasiert, daher gibt es den einen oder anderen Stau an einer ungewöhnlichen Stelle. Egal, heute habe ich es nicht eilig.Als ich endlich in der Eifel ankomme, habe ich sogar Zeit, kurz zu verschnaufen und Christian anzurufen. Wir verabreden uns für gleich, ich packe den Fotorucksack und mache mich auf dem Weg zum Ring. Die lange Tele-Linse lasse ich liegen. Heute nur leichtes Gepäck. Unterwegs auf der B258 wird der sich schon auf der Fahrt verdunkelte Himmel immer dunkler. Zum Glück kein Regen, aber in der Eifel weiß man es nie.

Die Straßen um den Ring herum sind angenehm leer. In kaum zwei Tagen wird hier die Hölle los sein, doch davon ist noch fast nichts zu sehen. Ein Hauch von Dornröschenschlaf und der graue Himmel verstärkt diesen Eindruck. Selbst das Treiben im Ring-Boulevard sieht eher behäbig aus. Man bekommt nur ein wenig den Eindruck, welch ein großes Ding vorbereitet wird.

Das Gefühl setzt sich im Fahrerlager fort. Es haben sich zwar nicht wenige Teamtrucks schon eingefunden, doch insgesamt wirkt es leer und verlassen. Viel, viel leerer, als es selbst am Abend nach einem „normalen“ NLS-Rennen aussieht.

Box 11. EiFelkind. Wieder die altbekannten Gesichter. Das Teamzelt und alles andere ist noch im Entstehen. Es werden allerlei Sachen ausgeladen. Sieht nach ziemlich viel Arbeit aus. Ich unterhalte mich kurz mit Christian und biete an, mit einzupacken, wenn eine Hand mehr gebraucht wird. Für mich absolut selbstverständlich. Da gerade alles gut läuft, habe ich dann doch Zeit, die Kamera auszupacken und mich an die Arbeit zu machen.

Gesehen habe ich diese Seite des Motorsports noch nie, daher werfe ich ziemlich schnell meinen Vorsatz, bewusster zu fotografieren, über Bord. Ich halte einfach drauf los. Es gibt genug Motive und irgendwie spielt dabei auch meine kindliche Seite mit. Egal, wie alt und weise man sein mag, man sollte nie die Fähigkeit und die Gabe verlieren, sich für Neues und Unbekanntes begeistern zu lassen. Auch wenn das Unbekannte in diesem Fall ordinäre, nicht wirklich aufregende Arbeit an einem unseligen Eifeltag ist.

Auf der Suche nach Motiven schlendere ich ein wenig durch die leeren Flächen und lese die Belegungstafeln an den Boxen. Bei der EiFelkind-Box entdecke ich bekannte Namen. Sebastian Lawniczek, der zuletzt noch bei EiFelkind gefahren ist, bestreitet das 24h-Rennen für Keeeevin Sports&Racing. Auch Flavia ist dabei. Vor einigen Wochen war ihre Teilnahme noch gar nicht sicher. Ich freue mich für beide. Nebenbei versuche ich mich an ein Paar uninspirierte Stimmungsfotos von der ganzen Leere. Fast schon bedrückend.

Als ob die Natur dies unterstreichen könnte, kommt wenig später ein Regenguss. Zum Glück steht das Teamzelt schon. Die Probleme mit der Strom- und Wasserversorgung scheinen gelöst zu sein, die Anordnung von Bänken, Tür und Küche ebenso. Mag alles im Nachhinein klein erscheinen, doch auch das muss gemacht werden.

Für das Team scheint das Tagwerk fast getan zu sein. Für mich auch. Während der Regen gerade aufgehört hat, verabschiede ich mich und mache mich auf dem Weg zu meinem Eifel-Domizil. Die Tristesse lässt mich dabei nicht los. Das Bisschen schlechtes Gewissen, nicht angepackt zu haben, auch. Es gab schließlich mehr als genug zu tun.

Wenn in 3 Tagen die große Sause steigt, wird fast keiner etwas davon sehen. Es wird einfach alles da sein. Der Getränkekühlschrank, die Kaffeemaschine, die Bänke. Irgendwie ist es damit wie mit dem Erfolg – den Porsche in der Garage, den tollen Job, den farbenfrohen Rennwagen, die Geschwindigkeit, den Glamour, die geilen Fotos und alles andere sieht jeder. Die Tristesse, die harte Arbeit und alles, was in dieses Endergebnis gipfelt, sieht keiner.

OK, fast keiner. Diesmal habe ich das Glück, Fotos davon gemacht zu haben. 😉

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